Film „Gefangen im Netz“ – Pädagogische Einordnung und mögliche Einsatzszenarien

Saskia Nakari
Filmposter des Films Gefangen im Netz

www.gefangenimnetz.de

Hintergrund und Inhalt

Der tschechische Dokumentarfilm „Gefangen im Netz“ (2020) zeigt ein Laborexperiment, bei dem Schauspielerinnen in Situationen versetzt werden, in denen sie über öffentliche Chatplattformen von Männern zweifelhafte „Angebote“ bekommen.

Behandelt wird das Thema Cybergrooming. Dies bezeichnet die Anbahnung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen über das Internet. (Das englische Verb „to groom“ bedeutet „striegeln, pflegen“ und steht metaphorisch für das subtile Annähern von Täter/-innen an Kinder und Jugendliche.)

Die drei Schauspielerinnen sind über 20 Jahre alt und wurden aufgrund ihres kindlichen Aussehens für das Experiment gecastet; spielen sollen sie nämlich 12-jährige Mädchen, welche sich unbefangen auf öffentlichen sozialen Netzwerken bewegen. Schon nach fünf Minuten erhielten sie mehrere Chat- bzw. Freundschaftsanfragen von eindeutig älteren Männern.

Der sexuelle Missbrauch von Kindern über das Internet ist ein sehr ernst zu nehmendes Thema. Es stellt sich nur die Frage, ob der Zweck in diesem Falle die Mittel heiligt. In der Tat berichten Kinder und Jugendliche in Studien über Erfahrungen mit (fast ausschließlich) männlichen Tätern, welche Kontakt zu ihnen aufnehmen. Mangelware ist jedoch noch eine Erhebung über den Umgang mit diesen Kontaktanbahnungen und die konkrete Frage „Was machen Kinder in solchen Fällen?“.

Der Dokumentarfilm vermittelt, dass sehr naive Kinder leicht Gefahr laufen, in öffentlichen Chats traumatische Erfahrungen zu machen, wenn sie Kontaktaufnahmen nicht rechtzeitig beenden. Jedoch sollte man Kindern und Jugendlichen nicht generell jegliche Vernunft bzw. Vorsicht absprechen. Die Erfahrungen aus der medienpädagogischen Praxis zeigen, dass Heranwachsende sehr wohl Bewältigungsstrategien besitzen, mediale Anmache richtig einzuordnen und auch zügig abzuwenden. Zudem kommt es seltener vor, dass sie sich allein in Chaträumen aufhalten, denn häufiger geschieht dies in sozialen Kontexten, in denen beispielsweise junge Mädchen gemeinsam im Netz nach neuen Kontakten „stöbern“. Natürlich ist es unglaublich tragisch, dass sie es bereits als normal empfinden, dass sie früher oder später auf sexualisierte Inhalte stoßen.

Wichtige Hinweise für Schulen und Eltern

Im Rahmen der Aufklärungsarbeit, sei es durch Heranwachsende oder Eltern, muss immer kommuniziert werden, dass es keine ausgewiesenen Kinderchats im Internet gibt! Sobald sich Kinder in sozialen Netzwerken oder öffentlichen Chats (TikTok, Instagram, Ebay Kleinanzeigen etc.) bewegen, befinden sie sich in der Erwachsenenwelt und werden somit auch mit Erwachsenenthemen konfrontiert. Und dabei handelt es sich nicht nur um sexuelle Anbahnung, sondern auch um Pornografie, Hass, Extremismus und Abzocke. Dies sollte immer mitgedacht werden.

Die Langversion des Dokumentarfilms (100 Min./FSK 16) ist für den Unterricht nur bedingt und insbesondere für Eltern nicht zu empfehlen. Sie sind in vielerlei Hinsicht schon in großer Sorge um ihre Kinder, als dass sich die Sichtung des doch sehr dramatisch inszenierten und aufgeheizten Films positiv auf sie auswirken würde. Allein die akustische Ebene des Films ist stark emotionalisierend und löst Bauchschmerzen aus. Als Gesprächsanlass für Elternabende bietet sich viel mehr der Werbespot Wo ist Klaus? von klicksafe an, welcher sich auf sarkastische Weise mit den wichtigsten Themen des Jugendmedienschutzes auseinandersetzt. Denn auch bei Eltern müsste nach der Sichtung des Dokumentarfilms eine ausführliche (medien-)pädagogische Auseinandersetzung mit dem Thema Cybergrooming erfolgen.

Die Schulversion von „Gefangen im Netz“ (63 Min./FSK 12) ist da schon eher für einen pädagogischen Einsatz geeignet. Hier muss jedoch ganz klar gesagt sein, dass eine solche Einheit unbedingt mit ausführlicher Vor- und Nachbereitung stattfinden muss! Die Triggerwarnung zu Beginn des Films muss ernst genommen werden, da es immer sein kann, dass die dort gezeigten Szenen persönliche Erfahrungen und damit verbundene Emotionen wieder heraufbeschwören. Ideen für eine pädagogische Rahmung findet man in dem dazugehörigen Begleitmaterial auf der Seite zum Download. Man muss der Schulversion zugute halten, dass sich die Schauspielerinnen immer wieder mit wertvollen Tipps direkt an das Publikum wenden. Diese Tipps sollten in der Nachbereitung des Films unbedingt ausführlich behandelt und gemeinsam schriftlich festgehalten werden. So empfehlen wir also den Einsatz dieses Films ab Klassenstufe 7 nur mit einem definierten pädagogischen Konzept sowie nach vorheriger Einführung und mit anschließender Aufarbeitung.

 

Hier können Sie sich weiter informieren und den Abruf des Filmes anmelden.

Wo ist Klaus? Infos bei klicksafe

Gefangen im Netz (Schulversion)

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Saskia Nakari

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